Ein Mädchen wanderte
durch die Lande, schon geraume Zeit. Es suchte die Stille, Ruhe und ging daher Wege, die wenig bekannt und genutzt waren. Das Mädchen hatte während seiner Wanderschaft schon viele seltsame und merkwürdige Dinge gesehen, wie seltene Pflanzen und Tiere, ungewöhnliche Baumformen und erfreute sich an der Vielfalt der Natur. Doch im Moment war Stille in der Landschaft, die kalte Zeit war hereingebrochen und Mensch und Tier blieben lieber an Orten, wo sie Wärme fanden. Es war kalt im Wald, viele Bäume hatten den größten Teil ihres bunten Laubs verloren, einige gewaltige Kiefern boten mit ihren überhängenden Zweigen noch Unterschlupf und Schutz vor kalten Winden.
Es wurde dämmrig, das Mädchen ging weiter, in der Hoffnung, eine Kiefer zu finden, deren Äste dicht genug wären, so dass es darunter schlüpfen könnte zur Nacht. Oder eine schützende Felsspalte, die wäre auch geeignet. Doch war nichts zu sehen, außer dass die halbkahlen Bäume immer grauer wurden in dem dämmrigen Licht. Irgendwie.. veränderte sich auch die Struktur der Rinde, wurde härter, fester. Ob das an der Temperatur lag, fragte sich das Mädchen für einen Moment, doch ging sie dann ohne weiter darüber nachzudenken weiter. Es würde sich schon ein Unterschlupf finden, dachte es. Bisher war immer etwas da gewesen, wo sie sich vor rauem Klima schützen konnte.
Das Tageslicht
nahm weiter ab, die Dämmerung schritt immer weiter fort und bald wurde eine dunkelblaue „Decke“ über das Land gezogen. Der Mond war mittlerweile aufgegangen, als Halbrund verbreitete er noch genügend Licht, dass das Mädchen den Weg halbwegs sehen konnte. Die Bäume schimmerten silbern in diesem Licht, sie wirkten wie Statuen, als ob sie sich in dem Wind nicht bewegten. Denn Wind war zu spüren, doch bewegten sich keine von den noch hängenden Blättern in diesem.
Das Mädchen blickte nach oben und stellte fest, dass die ersten Sterne aufblitzten, nun wurde es aber Zeit, einen Schlafplatz zu finden.. Da! Da standen einige Bäume so gruppiert, dass ihre Stämme eine Art spitz zulaufendes Zelt bildeten, vier Stämme waren ineinander gekeilt. Das Mädchen hatte einige leichte Folien im Rucksack, mit denen es sich mit Hilfe der Baumstämme einen Wetterschutz aufbaute. Das Mädchen schob etwas von dem herab gefallenen Laub zusammen, dieses knirschte irgendwie dabei. Dann schob es den Rucksack zurecht und wickelte sich in noch eine Folie, welche die Wärme am Körper hielt und bettete seinen Kopf auf den Rucksack.
Dann schaute das Mädchen in den Sternenhimmel und dachte kurz über den Tag nach, was es alles gesehen hatte und erfahren. Über die seltsamen Geräusche, die das Laub machte und die Veränderung der Struktur der Bäume.. aber konnte sich keinen Reim darauf machen und beschloss dann, zu schlafen. So rief das Mädchen dann ihr Gebet zu Mutter-Vater-Gott, befahl sich in Ihre/Seine Hände für einen sanften Schlaf und schloss die Augen.
Doch die Ohren konnte es nicht verschließen…
seltsame Geräusche drangen an diese, ein reibendes, manchmal knirschendes Geräusch, dann wieder ein leises Singen und Klingen. Und plötzlich wurde es trotz der geschlossenen Augen strahlend hell und das Mädchen riss erschrocken die Lider wieder auf. Oh, welch ein Glanz.. kristallene Bäume und Blätter erstrahlten im Licht eines Sternes, der hellste Punkt am Himmel, alles überstrahlend. Sein silberweißes Licht verzauberte alles.
Das Mädchen kniff sich ungläubig in den Arm.. „Träume ich?“, fragte es sich selbst, fast erschrocken über den heiseren Klang seiner Stimme. „Was geschieht hier, habe ich Halluzinationen?“ Mit offenem Mund betrachtete es das Schauspiel. Das Singen und Klingen rundherum wurde immer lauter, klangvoller, reicher.. das Mädchen griff sich schon mal den Rucksack, um nötigenfalls schnell rennen zu können… „Bitte bleib… „ erklang plötzlich eine warme und unendlich liebevolle Stimme im Rücken des Mädchens. Es drehte sich blitzschnell um, noch die Folie um die Schultern, den Rucksack in beiden Händen gepackt und erblickte ein Gesicht, welches sich auf einem der Baumstämme aus der Rinde heraus formte.
Ein facettiertes Gesicht, geschlechtslos offensichtlich, und der Mund lächelte und die Augen strahlten voller Liebe. „Wenn ich bleiben soll, dann sag mir bitte, was hier geschieht. Werde ich verrückt, habe ich vielleicht unterwegs einen giftigen Pilz erwischt oder was passiert hier?“, entgegnete das Mädchen. Insgeheim entspannte es sich aber, die Stimme und das Gesicht wirkten zwar befremdlich, doch nicht bedrohlich. Im Gegenteil, es versprach, wirklich interessant zu werden.
„Nun,“ sagte die Stimme
„du bist in einer besonderen Zeit an einem besonderen Ort. Du hast während deiner Wanderschaft viele Dinge gesehen, die dich hätten ängstigen oder gar abhalten können, deine eigenen Wege zu gehen. Doch hast du dich nicht beirren lassen und bist weiter deinem eigenen Weg gefolgt, um die Ruhe und die Stille zu finden. Irgendwann bei dieser Wanderschaft hast du eine unsichtbare Grenze überschritten und gelernt, Mutter-Vater-Gott zu vertrauen, dass du immer bekommst, was du gerade in dem Moment benötigst.“
Die Stimme machte eine kleine Pause, das Mädchen blieb still, gespannt auf das, was als Nächstes folgen würde. Dann fuhr die Stimme fort: „Jedenfalls hast du, als du diese Grenze übertreten hast, auch eine andere Dimension betreten. Hier sind die Strukturen kristallen, klar und Gefäß für das Göttliche Licht, welches gerade in diesem Moment, in der Kristallnacht, über diese Dimension ergossen wird vom großen Zentralgestirn. Dieses Licht erweckt die kristallenen Samen, so dass sie zur Aussaat bereit sind, um weitere Kristallwälder mit ihrem Singen und Klingen hervorbringen können.“
Das Mädchen war ganz still, sein Herz wurde weit und warm, es fühlte, wie sich ein Funke des Lichtes darin niederließ und dort etwas Neues entstand, etwas, dass sich wunderbar leicht und friedlich anfühlte, voller Wärme und Liebe. „Oh“, sagte das Mädchen „das ist mir eine große Ehre, dass ich dieses miterleben darf.. und irgendwie fühle ich auch in mir ein Singen und Klingen, das ist wunderschön.“ „Ja“, sagte die Stimme, „du bist durch deine Wanderschaft auf eine Art und Weise gereift, die es dir möglich macht, die Kraft des Lichts zu fühlen und in dir zu verankern. Darum haben wir noch eine ganz besondere Bitte an dich.“
Das Mädchen machte große Augen
und sagte nur: „Ich hoffe, dass ich dienlich sein kann, ich bin jemand, der durch die Lande wandert und sonst keine besonderen Talente hat.“
„Ach“, sagte die Stimme.. „genau dieses Talent, das durch die Lande wandern und die Schönheit in Allem zu sehen, ist es, welches dich besonders befähigt, unsere Bitte zu erfüllen.“ Ein Arm formte sich aus dem Baumstamm heraus, die ausgestreckte Hand hielt viele verschiedene bunte Blätter und Früchte von Bäumen, alles kristallen. Rubinene Hagebutten, smaragdene und amethystene Beeren, Blätter aus zarten Kristallen in durchscheinenden goldenen und roten Farbtönen, eine überquellende Fülle präsentierte diese Hand.
Die Stimme sagte: „Nimm diese Früchte und Blätter. Gehe weiter durch die Lande und sähe sie aus. Der Lichtfunke in deinem Herzen wird dir sagen, welche Orte dafür geeignet sind. Höre auf die Stimme in deinem Herzen und sähe die Saat an die Orte, die dir genannt werden. Du wirst sehen, es wird prachtvoll blühen im ganzen Land, so dass das Licht die Kristallsamen überall befruchten kann.“
Das Mädchen stimmte zu, diesen Dienst zu leisten. Es nahm ein Tuch aus dem Rucksack und die Hand legte die Blätter und Früchte sanft hinein. Das Mädchen schlug das Tuch zusammen und bettete es vorsichtig in den Rucksack. Dann schaute es wieder zu dem Gesicht. „Schlafe nun,“ sagte die Stimme, „damit du danach erfrischt deinen Weg wieder aufnehmen und die Saat verteilen kannst.“
Das Mädchen fühlte sich plötzlich
von der Hand zart berührt und wurde unendlich müde. Es sank zurück und in tiefen Schlaf. Als es am nächsten Morgen erwachte, sah alles wieder anders aus.. die Baumstämme gräulich, Nebel in der Luft. Das Mädchen war frisch und ausgeruht und dachte an die nächtlichen Träume… Träume???! Da war doch was! Es öffnete den Rucksack, sah darin das Tuch und nahm es vorsichtig heraus, lauter Kristalle funkelten sie an.
In dem Moment fühlte es auch das Licht in seinem Herzen und wusste, dass es in jedem Moment bei ihm sein und es leiten würde. So schritt das Mädchen froh in den Tag und machte sich an seine Aufgabe, die Kristallsaat, welche in der Kristallnacht erwacht war, in die Herzen der Menschen zu legen.
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